Der Biber wurde vom Menschen im 19. Jahrhundert in Österreich ausgerottet. Ende der 1970er Jahre/Anfang 1980er Jahre wurden im Rahmen von Artenschutzprojekten Wiederansiedelungsversuche mit Tieren aus Polen, Weißrussland und Schweden gestartet und dazu wanderten Biber aus den umliegenden Ländern ein. Heute breitet er sich erfolgreich aus. Damit werden unsere heimischen Ökosysteme um ein verloren gegangenes Element außerordentlich bereichert. Das öffentliche Interesse am Biber, ist seit dem Bekanntwerden von Konflikten gewachsen. In Medien findet er reges Interesse, leider allzu oft in einer einseitigen Berichterstattung.
Um auf von Bibern verursachte Schäden zu reagieren, wurde 2002 seitens des Amts der NÖ Landesregierung/Abteilung Naturschutz in Zusammenarbeit mit dem Konrad Lorenz Institut für vergleichende Verhaltensforschung (Wien) das „NÖ Bibermanagement“ eingerichtet. Von 2006 bis 2018 war das Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU) mit der Abwicklung beauftragt. Das Bibermanagement erfasste die Konflikte, die mit dem vermehrten Auftreten des Bibers im Wirkungsbereich des Menschen entstanden und bot Hilfe bei deren Lösung. Ab Herbst 2018 übernahm die Abteilung Naturschutz des Landes NÖ die Bearbeitung von Konflikten und die Beratung bei Problemen mit Bibern.
Im Rahmen der Abschlussarbeiten für das Projekt Bibermanagement NÖ (2015 - 2018) an der BOKU schätzten die ProjektmitarbeiterInnen im Juni 2018 den Bestand auf ca. 4900 Biber.
Mehr zum Forschungsprojekt Bibermanagement finden Sie auf:
https://boku.ac.at/dib/iwj/forschung/projekte-aktuelle-informationen/der-biber-castor-fiber-in-oesterreich
Zusätzliche Infos zum Thema Biber finden Sie hier:
www.noe.gv.at/noe/Naturschutz/Biber.html
www.noe.gv.at/noe/Naturschutz/Wildtier_Biber.html
Der Biber gestaltet seinen Lebensraum und trägt damit wesentlich zur Renaturierung unserer Kulturlandschaft bei:
Durch seine Tätigkeit beeinflusst der Biber die Lebensräume anderer Tierarten der Auen. Wo er das Gewässer gestaltet, verbessert er die Lebensbedingungen für den Fischotter, den Schwarzstorch und zahlreiche Amphibien- und Libellenarten.
Er fördert durch seine Aktivitäten nicht nur naturnahe Prozesse, er erbringt auch eine Gratis-Naturschutzleistung: Fließgewässer müssen nicht mit großem finanziellem Aufwand renaturiert werden.
Die Rückkehr des Bibers muss unterstützt, zugelassen und gesichert werden. Die positive Wirkung des Bibers auf den Naturhaushalt muss sich bestmöglich entfalten können.
Der Biber ist nicht überall willkommen. 5-10% aller Bibervorkommen in Niederösterreich verursachen Konflikte.
Betroffen sind die Forst-, Land-, Wasser- und Teichwirtschaft, aber auch Infrastruktur, private Gärten und Freizeitanlagen.
Der rechtliche Rahmen zum Umgang mit Konflikten
Der Biber ist laut europäischem Recht streng geschützt, er ist im Anhang II und Anhang IV der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie angeführt. Dies bedeutet, dass ein günstiger Erhaltungszustand für den heimischen Bestand zu erreichen bzw. zu erhalten ist. Der günstige Erhaltungszustand bedeutet, dass:
Ist dieser günstige Erhaltungszustand gegeben und wird er durch die Maßnahme nicht beeinträchtigt, dann sind laut §16 der FFH-RL unter bestimmten Voraussetzungen Maßnahmen zur Regulierung der Population erlaubt.
Diese europäische Richtlinie ist in Niederösterreich durch das NÖ Naturschutzgesetz 2000 umgesetzt. § 17 "Allgemeiner Pflanzen-, Pilz- und Tierartenschutz" und § 18 "Artenschutz" des NÖ Naturschutzgesetzes regeln den Umgang mit dem Biber. Bei "Gefahr in Verzug" kann nach § 20 NÖ Naturschutzgesetz 2000 ein Ansuchen um Ausnahmegenehmigung für einen Eingriff in den Biberbestand beim Land Niederösterreich gestellt werden.
In Niederösterreich zählt der Biber nicht zu den jagdbaren Tierarten. Dies bedeutet, dass auch Jagdausübungsberechtigte für den Fang oder die Tötung eines Bibers eine gesonderte Erlaubnis benötigen.
Mehr Raum für die heimischen Fließgewässer
An den Konflikten mit dem Biber zeigt sich ein Dilemma, in das sich der Mensch seit einigen Jahrzehnten begeben hat und das ihm in den vergangenen Jahren die wiederkehrenden Hochwässer schmerzlich vor Augen geführt haben. Wir haben unseren Fließgewässern den erforderlichen Raum genommen und immer weiter an die Ufer herangebaut bzw. bis an die Ufer hin Flächen bewirtschaftet. Der Biber erobert sich diesen Lebensraum nun zurück, in viel schonender Art und Weise wie die Hochwässer der letzten Jahren dies gemacht haben aber da und dort mit ähnlichen Effekten.
Die Wiederausbreitung des Bibers sollte daher als Anstoß verstanden werden, den ökologischen Zustands der heimischen Fließgewässer zu verbessern. Die für einen ökologisch orientierten Hochwasserschutz so wichtige Forderung nach mehr Raum für unsere Fließgewässer schafft auch Raum für die Bedürfnisse des Bibers. Er kann nur dort dauerhaft leben, wo Fließgewässer noch naturnahe Verhältnisse aufweisen. Kaum ein anderes Tier, als der Biber, ist als Leitart für eine intakte Auenlandschaft besser geeignet.
Auch in unser Nachbarland, in Bayern, sind die Biber zurückgekehrt. Genauso wie bei uns in Niederösterreich ist die Rückkehr des Bibers nicht konfliktfrei. Unsere deutschen Kollegen vom Bund Naturschutz in Bayern e.V. haben angesichts der Biberproblematik eine Reihe von häufig gestellten Fragen beantwortet. Die Antworten auf einige dieser Fragen treffen für Niederösterreich genauso zu, wie für Bayern und werden hier auszugsweise wiedergegeben.
Folgende Behauptungen werden widerlegt:
Der lateinische Name Castor fiber leitet sich folgendermaßen her. Das lateinischen Verbum castrare bedeutet Schneiden und qualifiziert somit den Castor als "Schneider", womit sicherlich auf die Nagekünste des Tieres angespielt wird. Fiber und Biber bezeichnen das gleiche Wort, die Änderung rührt von der spätlateinischen Verschiebung von F zu B her.
Ausrottung: Ursprünglich bewohnte der Biber die bewaldeten Teile der Paläarktis mit Ausnahme der mediterranen Zone und Japan. Bereits im Hochmittelalter begannen die Bestände zu schrumpfen bis der Biber nahezu ausgerottet war. Um 1700 kam der Biber noch an allen großen Flusssystemen Österreichs vor, die Population wurde aber in den folgenden 150 Jahren völlig ausgelöscht. Der letzte autochthone Biberbestand verschwand 1869. Gründe für die Ausrottung waren in erster Linie die direkte Verfolgung durch den Menschen. Erst später schränkten wasserbauliche Maßnahmen den Lebensraum des Bibers zunehmend ein.
Wiedereinbürgerung: Die Wiederansiedlung des Bibers in Österreich fand in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts statt. Einerseits fanden gezielte Einbürgerungsaktionen statt, andererseits entkamen aber auch Biber aus Gehegen infolge eines Hochwasserereignisses. Neben Europäischen Bibern Castor fiber wurden bedauerlicherweise auch Kanadische Biber Castor canadensis in Österreich ausgewildert
Aktuelle Verbreitung: Im ersten Jahrzehnt nach der Aussetzung entwickelte sich der Bestand nur sehr zögerlich und einige Biber wurden zusätzlich ausgesetzt. In der Folge kam es jedoch zu einer stetigen Ausbreitung und Vermehrung der Biberpopulation. Heute leben Biber wieder in vielen den für sie besiedelbaren Lebensräumen in einem Gesamtbestand von knapp 3.000 Tieren.
Biber sind soziale Tiere, die in Familienverbänden leben. In der Biberburg leben die Altbiber mit bis zu vier Jungen, oft noch mit Jungtieren aus dem Vorjahr. Im Mai wird der Nachwuchs geboren, davor müssen die vorjährigen Jungen den Bau verlassen haben. Die Jungtiere unternehmen weite Wanderungen (bis zu 100 km), um neue Reviere zu besiedeln. Territoriengrenzen werden durch Duftdrüsensekret markiert und gegen Artgenossen verteidigt.
Der überwiegend dämmerungs- und nachtaktive Biber ist an das Leben im Wasser optimal angepasst. Am Land bewegt er sich aber nur schwerfällig fort. Deshalb entfernt er sich vom Wasser nur selten weiter als etwa 20 Meter. Die eingeschränkte Mobilität des Bibers führt daher auch häufig zu Straßenverkehrsopfern.
Durch seine Aktivitäten trägt der Biber wesentlich zu einer Vergrößerung der Artenvielfalt in den Feuchtgebieten bei, da viele andere Tierarten die neu geschaffenen Strukturen gerne nutzen.